Das Amtsgericht Chemnitz (AG Chemnitz) hat mit Urteil vom 22.11.2024 – Az.: 16 C 1063/24, entschieden, dass der Auskunftsanspruch nach Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) keinen Verjährungsfristen unterliegt und somit jederzeit geltend gemacht werden kann. Diese Entscheidung ist von großer Bedeutung für Betroffene, da sie die Möglichkeit stärkt, auch nach längerer Zeit noch Auskunft über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu erhalten.
Worum ging es?
Ein Versicherter klagte auf Grundlage des Artikels 15 DSGVO gegen seine private Krankenversicherung. Er forderte die Herausgabe der über ihn gespeicherten Daten. Konkret verlangte er Auskunft über Zeitpunkte und Beträge von Beitragsanpassungen sowie Tarifwechsel und -beendigungen ab dem Jahr 2002. Die Versicherung verweigerte die Auskunft und berief sich auf Verjährung.
Wie entschied das Gericht?
Das Amtsgericht Chemnitz wies die Argumentation der Versicherung zurück und stellte klar, dass der Auskunftsanspruch nach der DSGVO grundsätzlich keiner Verjährung unterliegt. Das Gericht begründete dies wie folgt:
- Keine Verjährung durch Europarecht: Das Europarecht sieht keine Verjährung des Auskunftsanspruchs nach Artikel 15 DSGVO vor.
- Natur des Anspruchs: Der Auskunftsanspruch ist seiner Natur nach nicht verjährbar, da er keine Entstehungsvoraussetzungen kennt und jederzeit voraussetzungslos geltend gemacht werden kann. Dies gilt selbst dann, wenn keine personenbezogenen Daten verarbeitet werden, da in diesem Fall zumindest ein Anspruch auf eine Negativauskunft besteht.
- Eigenständiger Primäranspruch: Der Anspruch besteht als eigenständiger Primäranspruch und nicht als Hilfsanspruch zu einem anderen Anspruch. Daher können die von der Versicherung angeführten Grundsätze zu § 242 BGB (Leistung nach Treu und Glauben) nicht herangezogen werden.
Konsequenzen für die Praxis:
Aus dem Urteil lässt sich ableiten:
- Stärkung der Rechte von Betroffenen: Betroffene können ihren Auskunftsanspruch nach Artikel 15 DSGVO jederzeit geltend machen, unabhängig davon, wie lange die Verarbeitung der Daten zurückliegt. Dies stärkt die Rechte der Einzelpersonen in Bezug auf die Transparenz der Datenverarbeitung.
- Unternehmen können sich nicht auf Verjährung berufen, um Auskunftsersuchen abzulehnen. Sie müssen sich darauf einstellen, dass sie auch nach Jahren noch Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten geben müssen.
Zusammenfassung:
Das Urteil des AG Chemnitz betont die Unverjährbarkeit des Auskunftsanspruchs nach Artikel 15 DSGVO. Dies stärkt die Position der Betroffenen und zwingt Unternehmen, sich auf Auskunftsersuchen auch nach Jahren einzustellen. Unternehmen müssen ihre Prozesse entsprechend anpassen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.