Inhalt

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg hat mit Urteil vom 11.06.2024, Az.: 3 SLa 2/24, entschieden, dass Ansprüche aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), wie beispielsweise Auskunfts- oder Schadensersatzansprüche, durch arbeitsvertragliche Ausschlussfristen begrenzt werden können. Diese Entscheidung ist insbesondere für Arbeitgeber von Bedeutung, da sie Arbeitgebern ermöglicht die Geltendmachung von Ansprüchen zeitlich zu beschränken. 

Worum ging es? 

Eine ehemalige Arbeitnehmerin hatte ihren früheren Arbeitgeber auf Urlaubsabgeltung für mehrere Jahre verklagt. Der Arbeitgeber wies die Forderungen mit Verweis auf die im Arbeitsvertrag vereinbarten Ausschlussfristen zurück. Der Arbeitsvertrag enthielt folgende Klausel: 

  • Ausschlussfristenregelung: Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sowie solche, die damit in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich oder in Textform gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden. 
  • Fristen bei Ablehnung: Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder äußert sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach Geltendmachung, verfällt der Anspruch, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich erhoben wird. 
  • Ausnahmen: Die Ausschlussklausel gilt nicht für Ansprüche, die auf einer Haftung wegen vorsätzlichen Handelns beruhen, sowie für Ansprüche auf Vergütung der Arbeitsleistung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns. 

Die Klägerin argumentierte, dass diese Vereinbarung unwirksam sei, da sie auch die gesetzlich zwingenden Ansprüche aus der DSGVO umfasse. 

Wie entschied das Gericht? 

Das LAG Hamburg wies die Klage ab und folgte der Argumentation der Klägerin nicht. Das Gericht entschied, dass Ansprüche aus der DSGVO grundsätzlich in Ausschlussfristen einbezogen werden können, solange diese nicht gegen unionsrechtliche Grundsätze, insbesondere den Effektivitätsgrundsatz, verstoßen. 

Das Gericht stellte insbesondere fest: 

  • Einbeziehung von DSGVO-Ansprüchen: Ansprüche aus der DSGVO können grundsätzlich durch arbeitsvertragliche Ausschlussfristen begrenzt werden. 
  • Keine übermäßige Erschwerung: Die vorliegende Regelung erschwert oder verunmöglicht die Durchsetzung von DSGVO-Ansprüchen nicht übermäßig. 
  • Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten: Da die DSGVO selbst keine Aussage zur Disposivität der Betroffenenrechte trifft, liegt es in der Verantwortung der Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten zur Durchsetzung dieser Rechte zu gestalten. 
  • Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz: Die Regelungen dürfen nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Zur Wahrung des Äquivalenzgrundsatzes führte das Gericht aus, dass die Regelung im Arbeitsvertrag nicht zwischen Ansprüchen, die auf Unionsrecht beruhen, und solchen, die aus innerstaatlichem Recht resultieren, unterscheidet. Bezüglich der Wahrung des Effektivitätsgrundsatzes stellte das Gericht fest, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen mit dem Erfordernis der Effektivität vereinbar ist, da sie einen Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit nach einem gewissen Zeitablauf darstellt. Derartige Fristen sind nicht geeignet, die Ausübung von Unionsrechten praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren. 

Konsequenzen für die Praxis:  

 Das Urteil führt zu folgenden praxisrelevanten Konsequenzen: 

  • Rechtssicherheit für Arbeitgeber: Arbeitgeber können in Arbeitsverträge Ausschlussfristen hinsichtlich der Geltendmachung von Ansprüchen aufnehmen und diese betreffen dann auch Ansprüche aus der DSGVO. 
  • Begrenzung von Ansprüchen: Arbeitnehmer müssen sich bewusst sein, dass sie ihre Ansprüche, auch solche aus der DSGVO, innerhalb der vereinbarten Fristen geltend machen müssen. 
  • Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze: Die Gestaltung von Ausschlussfristen muss sich jedoch weiterhin an den Vorgaben des Unionsrechts (Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz) orientieren und darf die Durchsetzung von Ansprüchen nicht übermäßig erschweren. 

Hinweis: 

Die Entscheidung des LAG Hamburg ist noch nicht rechtskräftig. Es wurde Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) eingelegt (Az.: 9 AZR 152/24). 

Zusammenfassung

Das Urteil des LAG Hamburg stärkt die Position von Arbeitgebern hinsichtlich der Begrenzung von Ansprüchen aus der DSGVO durch arbeitsvertragliche Ausschlussfristen. Gleichzeitig betont es die Wichtigkeit der Einhaltung unionsrechtlicher Grundsätze. Es bleibt abzuwarten, wie das BAG in der Revision entscheiden wird. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Arbeitsverträge entsprechend überprüfen und anpassen sollten, während Arbeitnehmer ihre Rechte und die damit verbundenen Fristen genau im Blick behalten sollten.